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Messen: «Zu langsam, zu fad, zu innovationslos»

Bjoern Kempe, Gründer und CEO Expos Asia rechnet nach der Beendigung von Covid-19 mit einer Explosion an sozialen Konzepten, Events, Veranstaltungen. Aber der Weg ist lang. English below.


by Bjoern Kempe | 31. Oktober 2020

Björn Kempe - Ein Artikel von Bjoern Kempe

Guten Tag Bjoern, was beschäftigt Dich zur Zeit am meisten in bezug auf die Messewirtschaft und lässt Dich nicht schlafen?

Heinrich Heine sagte: Denk ich an Deutschland in der Nacht, Dann bin ich um den Schlaf gebracht, Ich kann nicht mehr die Augen schließen, Und meine heißen Tränen fließen.

Nun, dem schließe ich mich im Moment an, was nicht nur Deutschland, sondern die globale Messewirtschaft insgesamt betrifft. Wir reagieren zu langsam, zu fad und zu innovationslos. Was wir immer wollten für unsere eigenen Messen waren Innovationen und Neuigkeiten. Bisher sind wir mit hybriden Modellen und Hygienekonzepten gekommen, weil wir alle dachten Covid-19 ist nach ein paar Monaten wieder weg.

Mich beschäftigt außerdem, wie die ganzen großen Messegesellschaften weiter bezahlt werden sollen ohne Umsätze. Mein Geschäftspartner Udo Schürtzmann und ich befassen uns derzeit sehr viel mit Kapitalbeschaffung für europäische Messen, Teilprivatisierung und neuen Konzepten. Du siehst, da bleibt nicht viel Zeit für Schlaf...

In Europa spricht man von der zweiten Coronawelle. Wie präsentiert sich die Situation in Asien?

Ja, leider scheint die zweite Coronawelle Europa noch härter zu treffen als die Erste. In Deutschland sehen wir Höchststände bei den Neuinfektionen, die um vieles höher liegen als im April. Die Situation in Asien ist unterschiedlich. Während Indien und Indonesien mit vielen Neuinfektionen kämpfen, sieht es in Korea, Malaysia oder Thailand viel besser aus und lokale Messen finden statt. Am besten ist die Situation in China, hier hat man offiziell kein Corona mehr und die Wirtschaft wächst. Mit der Wirtschaft wächst auch das Messegeschäft. Fast alle Messen aus China berichten über nur geringfügige Umsatzeinbußen.

In Asien lassen sich Infektionsketten wesentlich besser nachvollziehen und es besteht eine absolute Kontrolle. China machte sechs Wochen alles dicht, um das Virus zu eliminieren auf Kosten der Freiheitsrechte von 1.4 Milliarden Bürger. Jetzt scheint alles unter Kontrolle zu sein und man tut, als ob es Corona nicht mehr gibt. Europa zeichnet sich durch Freiheit und Demokratiewerte aus - welches Szenario würden Sie und Ihre UserInnen wählen?

«200.000 OnlinebesucherInnen - finden Sie das toll?

Ich denke diese Zahl hätte man nicht publizieren dürfen»

Der E-Commerce Unternehmer Peter F. Schmidt sagt in seiner Kolumne auf smartville.digital, dass ein Viertel aller Fachmessen in der Schweiz verschwinden werden. Nach der Lektüre seines Argumentes: Wie beurteilst Du diese Situation?

Ich kann da Herrn Schmidt nur zustimmen. Ich denke sogar, es werden ein Drittel aller Messen sein, die verschwinden, entweder durch digitale Konzepte oder durch Unwirtschaftlichkeit. Der Branchenprimus in der Schweiz, die MCH Group, zeigt leider auch nicht die erwünschten schnellen Veränderungen. Daher fehlt ein wenig die Orientierung in der Schweiz. Die Messe in Genf scheint da eher offen zu sein für Veränderungen.

Im Interview mit Expodatabase vor drei Monaten sagst Du «Es ist wichtig, dass deutsche Messefirmen ihre Geschäftsmodelle differenzieren». Welche Voraussetzungen strategischer Art und vom Willen her sind dazu notwendig?

Eine sehr gute Frage. Die Differenzierung kann natürlich nur erfolgen, wenn einige Parameter erfüllt sind. Aus meiner Sicht sind das moderne Geschäftsführer, die schnell und innovativ agieren können. Mut zum Risiko, hier sind sowohl die Geschäftsführer als auch die politischen Gesellschafter gefragt. Bisher sehe ich keine neuen Konzepte. Alle machen Hybrid und Virtual und alle fahren damit Verluste ein. Niemand hat sich über den lokalen Business:to:Consumer-Aspekt Gedanken gemacht, niemand hat sich Gedanken gemacht, mehr regionale Messen anzubieten. Ich denke da an die Erfolgsgeschichten der Interboot und den Caravan Salon in Düsseldorf.


Die Buchmesse in Frankfurt feiert sich mit 200.000 Onlinebesuchern. Finden Sie das toll? Ich denke diese Zahl hätte man nicht publizieren dürfen, weil sie zeigt, wie wenig Messen auf Digitalisierung ausgerichtet sind. Jeder Fußballer und jeder Instagramstar bekommt pro Tag mehr Clicks und Fans zusammen als die Buchmesse innerhalb von 5 Tagen weltweit. Hier muss sehr, sehr viel geschehen und differenzierter vorgegangen werden. Ich hätte mir gewünscht, dass Frankfurt die Buchmesse zum Beispiel zeitgleich in fünf Ländern virtuell stattfinden lässt, also Buchmesse China Digital, Buchmesse Frankfurt Digital, Buchmesse Afrika Digital und so weiter. Dann hätte man sich darüber vernetzen können. Die Buchmesse hat außerdem eigene digitale Formate erschaffen, obwohl es viele Eventplattformen wie Grip, Jublia und andere gibt, die es mit entsprechender Vorlaufzeit bestimmt auf eine Million Besucher geschafft hätten.

«Jetzt sollten sich alle Messen schnell mit

einer der führenden Eventplattformen kurzschließen.»

Du hast auch gesagt, das Problem sei, ob Aussteller und Besucher überhaupt wieder an Messen teilnehmen möchten. Jetzt, drei Monate später, was ist Deine Prognose, vielleicht in Anbetracht der viel zitierten «Zoom-Fatigue»? Was sagt Dir Dein Bauchgefühl?

Zoom-Fatigue finde ich immer noch ein Thema. Ich persönlich finde das sehr anstrengend, vier bis sechs Zoomcalls am Tag zu haben und die Kinder in der Wohnung. Das geht eigentlich gar nicht, aber man arrangiert sich. Der Face-to-Face Aspekt wird nach Covid-19 wieder ganz wichtig werden. Ich rechne nach der Beendigung mit einer Explosion an sozialen Konzepten, Events, Veranstaltungen.


Aber leider wird das dauern. 2021 wird wieder ein sehr schlechtes Messejahr werden. Ich denke es wird auf jeden Fall Umsatzeinbußen von über 50 Prozent geben. Viele in unserer Branche argumentieren gegen mich, sie argumentieren mit Schnelltests, Messen werden als sogenannt notwendige Reisen europaweit eingestuft. Es gibt also angeblich keine Quarantäne, kein Beherbergungsverbot und man argumentiert mit den besten Hygienekonzepten. Reicht das? Natürlich nicht. Niemand denkt an die psychologischen Aspekte unserer Aussteller und Besucher. Niemand möchte auf eine Messe, auf der man den ganzen Tag einen Mundschutz tragen muss, niemand möchte sich ein paar Mal schnelltesten lassen. Solange man eingeschränkt und der internationale Reiseverkehr nicht frei ist, wird man keine internationalen Messen abhalten können. Daher sollten sich Messegesellschaften ganz schnell ein paar interessante lokale Konzepte einfallen lassen.

In demselben Interview sagst Du «Ich gehe davon aus, dass bis Ende 2020 alle deutschen Messegesellschaften Akquisitionen von Firmen aus dem Online-Technologiesektor oder Virtual Bereich vornehmen und bestehende Plattformen und Know-How einkaufen. Wie kommst Du auf diese Annahme? Und warum ist das bisher – in den letzten 10 Jahren – nicht geschehen?

Das muss ich mittlerweile revidieren. Viele Aufsichts- und Verwaltungsräte haben leider nicht die notwendigen Mittel freigegeben, den Messen solche Akquisitionen zu ermöglichen. Die Gesellschafter stellen noch nicht einmal genügend Mittel für eine schnelle Digitalisierung bereit. Du liegst richtig, eigentlich hätte das schon in den letzten zehn Jahren geschehen müssen. Die Branchenriesen Informa und Reed haben beide viel Geld in verschiedene Communityplattformen, etwa in der Semiconductorindustrie, aber auch im Juwelier- und Bildungsbereich getätigt. Diese sind jetzt hoch profitabel. Jetzt sollten sich alle Messen schnell mit einer der führenden Eventplattformen kurzschließen und auch nicht versuchen, eigene Modelle zu entwickeln oder Deals mit kleinen Startups zu machen. Dazu reicht die Zeit nicht.

Bjoern Kempe ist CEO von Exposasia Bangkok, Jakarta, Manila, Singapur Shanghai. Sein Beratungsunternehmen ist spezialisiert auf Mergers & Acquisitions, Kapitalbeschaffung, Investitionen, Wirtschaftsförderungsberatung und Strategieberatung. Exposasia veranstaltet auch eigene Events in China und Indonesien.

-------- English -------

Trade fairs: Too slow, too bland, lack of innovation


Bjoern Kempe, Founder and CEO Expos Asia expects an explosion of social concepts, events and activities after the termination of Covid-19. But the road is long.

Hello Bjoern, what’s your major concern at the moment with regard to the exhibition industry and doesn’t let you sleep?

The writer Heinrich Heine said: «When I think of Germany at night, I am deprived of sleep, I can no longer close my eyes, And my hot tears flow.»


Well, at the moment I agree with that, which not only affects Germany, but the global trade fair industry as a whole. Our response is too slow, too bland and too innovationless. What we always wanted for our own trade fairs were innovations and new ideas. So far we have come with hybrid models and hygiene concepts because we all thought Covid-19 would be gone after a few months.


I'm also concerned with how all the major trade fair companies are to continue to be paid without sales. My business Partner Udo Schürtzmann and I are currently very much involved in raising capital for European trade fairs, partial privatization and new concepts. You see, there is not much time for sleep...

«Trade fair companies should very quickly establish

to come up with some interesting local concepts.»


In Europe we see a second corona wave. What is the situation in Asia?

Yes, unfortunately the second corona wave seems to hit Europe even harder than the first. In Germany we are seeing highs in new infections, which are much higher than in April. The situation in Asia is different. While India and Indonesia are struggling with many new infections, things are looking much better in Korea, Malaysia or Thailand and local trade fairs are taking place. The situation is best in China, where there is officially no more corona and the economy is growing. The trade fair business is growing along with the economy. Nearly all trade fairs from China report only minor losses in sales.

In Asia, chains of infection can be traced much better and there is absolute control. China closed everything down for six weeks to eliminate the virus at the expense of the freedom rights of 1.4 billion citizens. Now everything seems to be under control and people are acting as if Corona no longer exists. Europe is characterized by freedom and democratic values - which scenario would you and your users choose?

«200,000 online visitors - do you think that's great?

I think this number should never have been published.»

In his column on smartville.digital, e-commerce entrepreneur Peter F. Schmidt says that a quarter of all trade fairs in Switzerland will disappear. After reading his argument: How do you assess this situation?

I can only agree with Mr Schmidt. I even think that one third of all trade fairs will disappear, either through digital concepts or through inefficiency. Unfortunately, the industry leader in Switzerland, the MCH Group, is not showing the desired rapid changes either. Therefore, there is a little lack of orientation in Switzerland. Palexpo in Geneva seems to be rather open for changes.

In an interview with Expodatabase three months ago, you said «It is important that German trade fair companies differentiate their business models.» What are the strategic requirements and the necessary will to do so?

A very good question. The differentiation can of course only be done if some parameters are fulfilled. In my view, these are modern managers who can act quickly and innovatively. Courage to take risks, this is where both the managing directors and the political shareholders are needed. So far I do not see any new concepts. Everyone is doing hybrid and virtual and everyone is making losses. Nobody has thought about the local Business:to:Consumer aspect, nobody has thought about offering more regional trade fairs. I am thinking of the success stories of Interboot or the Caravan Salon in Dusseldorf.

The book fair in Frankfurt celebrates 200.000 online visitors. Do you think that's great? I think this figure should not have been published because it shows how few trade fairs are geared towards digitization. Every soccer player and every Instagramstar gets more clicks and fans per day together than the Book Fair gets in five days worldwide. There is a lot that needs to be done and a more differentiated approach. For example, I would have liked Frankfurt to have the Book Fair virtually held in five countries at the same time, i.e. China Digital Book Fair, Frankfurt Digital Book Fair, Africa Digital Book Fair and so on. Then we could have networked. The Book Fair has also created its own digital formats, although there are many event platforms such as Grip, Jublia and others, which, with the appropriate lead time, would certainly have made it to one million visitors.

«Now all trade fair organizations should quickly

cooperate with one of the leading event platforms.»

Three months ago you said in Expodatabase that the problem is whether exhibitors and visitors want to participate in trade shows again. Now, three months later, what is your prognosis, maybe in light of the much quoted zoom fatigue? What does your gut feeling tell you?

Zoom-fatigue I still find a theme. I personally find it very exhausting to have four to six zoom calls a day and the kids in the apartment. That's not really constructive, but you make arrangements. The face-to-face aspect will become very important again after Covid-19. I expect an explosion of social concepts, events and activities after the project is finished.

But unfortunately this will take time. 2021 will again be a very bad trade fair year. I think there will definitely be a drop in sales of over 50 percent. Many in our industry argue against me, they argue with quick tests, trade fairs are classified as so-called essential travel throughout Europe. So there is supposedly no quarantine, no ban on accommodation and people argue with the best hygiene concepts. Is that enough? Of course not. Nobody thinks about the psychological aspects of our exhibitors and visitors. Nobody wants to go to a trade fair where you have to wear a mouthguard all day long, nobody wants to be tested a few times quickly. As long as you are restricted and international travel is not free, you will not be able to hold international trade fairs. Therefore fair companies should come up with some interesting local concepts very quickly.

In the same interview you say «I assume that by the end of 2020 all German trade fair companies will be making acquisitions of companies from the online technology sector or virtual sector and will be purchasing existing platforms and know-how.» How do you come to that conclusion? And why has this not happened so far - in the last 10 years?

I have to revise that now. Unfortunately, many supervisory and administrative boards have not released the necessary funds to enable the trade fairs to make such acquisitions. The shareholders are not even providing sufficient funds for rapid digitization. You're right, this should actually have been done in the last ten years. The industry giants Informa and Reed have both invested a lot of money in various community platforms, for example in the semiconductor industry, but also in the jewelry and education sectors. These are now highly profitable. Now all trade fairs should quickly short-circuit with one of the leading event platforms and also not try to develop their own models or make deals with small startups. There is not enough time for this.

Bjoern Kempe is CEO of Exposasia Bangkok, Jakarta, Manila, Singapore Shanghai. His consulting firm specializes in mergers & acquisitions, capital raising, investments, business development consulting and strategy consulting. Exposasia also organizes its own events in China and Indonesia.

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