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Weniger ist mehr: Neue Thesen zur Digitalisierung in der Messewirtschaft

Kaum eine Marke eignet sich besser, um ein Contentmarketingangebot zu lancieren, als der einer Messe. In seinen Thesen 7 – 11 erklärt Matthias Baldinger, wo die Reise hingehen kann. Die ersten sechs Thesen erschienen hier.

 

von Matthias Baldinger*, CEO Conteo AG || 21. Juni 2024

 


These 7: Messe-Marken eigenen sich optimal für ein Content-Marketing-Angebot

Kaum eine Marke eignet sich besser, um ein Contentmarketingangebot zu lancieren, als der einer Messe. Denn die Marke steht für eine (physische) Plattform, auf der Firmen ihre Neuheiten und Innovationen auf ihren Ständen selbst inszenieren, ohne dass die Messe selbst in Aktion tritt. Im Kontext einer Messe ist Firmencontent einfach Content. Dies verhält sich zum Beispiel bei Fachmagazinen und Zeitungen anders. Ihre Marke steht für ihre eigenen redaktionellen Inhalte. Inhalte von Firmen stellen in diesem Kontext «Sponsored Content» dar, wodurch diese als minderwertig wahrgenommen werden.

 

Messen sollten daher zusätzlich zu ihrem Live-Marketing-Produkt ein Online-Marketingangebot lancieren, wo sie Ausstellenden und Nicht-Ausstellenden Reichweite für ihren eigenen Content verkaufen. Sie werden dadurch zu einer ganzjährigen Contentplattform, einem Kompendium für ihre Branche.

 


These 8: Ressourcen schonen: Durch die Nutzung von Aussteller-Content können der Aufwand und die Kosten für Veranstaltende gesenkt werden

Messehallen werden in erster Linie durch Ausstellende bespielt, nicht durch die Veranstaltenden. Und wegen diesen Ausstellenden kommen auch die Besuchenden. Im Digitalen denken Messen aber anders. Hier sehen sie sich selbst im Lead, um ihre Messewebseiten mit Inhalten zu füllen und immer umfangreichere Programme sowie Sonderzonen zu erstellen, damit sie im Vorfeld der Messe möglichst viel kommunizieren können.

 

Ein Paradoxon, denn gleichzeitig hören wir von fast allen Veranstaltenden, dass sie Ressourcenprobleme haben und die Besuchermobilisierung immer aufwändiger wird. Dieses Problem lässt sich lösen, wenn Messen online gleich denken, wie offline und ihren digitalen Auftritt nicht selbst, sondern von ihren Ausstellenden mit deren Content bespielen lassen. Dieses Umdenken könnte viele Ressourcen frei machen, die wiederum in die Weiterentwicklung der Formate investiert werden können. Und es bietet einen weiteren Vorteil: Ausstellende, die sich rechtzeitig mit Content befassen, werden automatisch die richtigen Botschaften auch in ihre Standauftritte einfließen lassen.

 

These 9: Weniger ist mehr: Messen sollten Ausstellende und Besuchende nicht überfordern

Viele digitale Lösungen scheinen der Logik «mehr ist mehr» zu folgen. Die Konsequenz: Eine unglaubliche Fülle an Features für Besuchende und Ausstellende. Was dabei vergessen wird: die meisten Features haben «Marktplatzcharakter», das heisst sie haben an sich keinen Wert, sondern erst, wenn eine kritische Anzahl auf beiden Seiten das Feature nutzt. Dies ist bei der Fülle an Möglichkeiten häufig nicht der Fall, mit dem Resultat, dass alles unter der kritischen Schwelle bleibt und damit fast gar nicht genutzt wird. Wir sind daher der festen Überzeugung: Weniger ist mehr! Messen sollten sich auf wenige Features fokussieren, welche auch wirklich genutzt werden und somit Mehrwert generieren. Ein weiterer Vorteil: Die Komplexität und der Erklärungsbedarf für alle Beteiligten sinken.

 


These 10:  Der wichtigste KPI: Der generierte Marketing-Value für Ausstellende

Das oberste Ziel im Digitalen muss gleich dem auf der physischen Veranstaltung sein: Möglichst viele und möglichst wertvolle Interaktionen zwischen Besuchenden und Ausstellenden zu schaffen. Das Schöne am Digitalen ist, dass sich das alles quantifizieren lässt. Wenn beispielsweise Besuchende auf der Messewebseite einen Link eines Ausstellenden anklicken und dessen Webseite besuchen, erzeugt das einen Wert. Um diese Besuche beispielsweise auf anderen Kanälen, wie LinkedIn, Google Ads und Co. erzeugen zu können, müssen Unternehmen Geld ausgeben.

 

Das heißt also, dass sich für jede Interaktion Benchmark-Values ansetzen lassen und daraus berechnet sich ein hypothetischer Marketing-Value. Dieser Marketing-Value sagt aus, wie viel Ausstellende auf einem anderen Kanal ausgeben müssten, um die gleiche Zielgruppe gleich intensiv zu erreichen. Es ist also ein quantifizierbarer Wert, den eine Messe online generiert. Wir sind überzeugt, dass die Bestrebungen von Messegesellschaften darauf abzielen sollten, diesen Marketing-Value zu erhöhen. Denn wenn sie genug Wert für ihre Ausstellenden generieren, schaffen sie es diesen zu kommerzialisieren und in Umsatz zu verwandeln.

 

These 11: Gemeinsam erfolgreich: Verschiedene Veranstaltende entwickeln sich gemeinsam weiter

Alle bisherigen Thesen zeigen, dass die Anforderungen an digitale Erweiterungen steigen. Die meisten Messeveranstaltenden werden es sich nicht leisten können, die benötigten Lösungen selbst zu entwickeln – so wie die meisten Veranstaltenden auch ihr Ticketsystem oder ihre Planungslösung nicht selbst entwickeln. Der Großteil wird sich also für eine am Markt angebotene Lösung entscheiden. Zwei Dinge sind dabei erfolgsentscheidend: Erstens brauchen Messen nicht bloß eine Softwarelösung, sondern verschiedene darauf abgestimmte Dienstleistungen. Diese müssen sauber ineinandergreifen – ansonsten wird eine Plattform nicht nachhaltig erfolgreich sein.

 

Zweitens, glauben wir, dass eine digitale Erweiterung das Produkt «Messe» grundlegend verändern wird. Es wird nicht mehr nur aus einer physischen Veranstaltung bestehen, sondern gleichzeitig auch eine digitale Komponente besitzen. Dies bedeutet, dass es nicht einfach darum geht, eine Software auszuwählen und zu implementieren, sondern dass sich viele Prozesse und Geschäftslogiken verändern werden. Messeteams werden beispielsweise mit Ausstellenden nicht mehr nur über ihren Standauftritt, sondern auch über ihr Onlinemarketing sprechen müssen. Dies bedeutet einen Change Prozess und wird eine Vielzahl von Fragen und Herausforderungen aufwerfen. Wir sind überzeugt, dass es Communities von Messeveranstaltern geben wird, die auf die gleichen Lösungen setzen und diese gemeinsam weiterentwickeln werden. Um so gemeinsam, die besseren Antworten auf all diese Fragen zu finden.


*Mit dem Autor/Conteo AG kann Kontakt aufgenommen werden an der FAMA D,A,CH Messefachtagung vom 24. - 25. Juli 2024 in der Messe Dornbirn.

 

TAKE OUTS

Die ersten sechs Thesen von Matthias Baldinger erschienen auf am 7. Juni 2024.




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