Erst fiel die Geschäftsgrundlage weg. Dann hat man transformiert. Aber jetzt benötigt man Planungssicherheit durch die Politik. Siegbert Hieber, Geschäftsführer MEPLAN München, gibt einen Ausblick.
by Siegbert Hieber | 12. Mai 2021
«Wir benötigen dringend Planungssicherheit -
und zwar so schnell wie möglich.»
Siegbert Hieber, was beschäftigt Sie zur Zeit am meisten?
Vor allem beschäftigt mich die fehlende Planungssicherheit, die wir als Unternehmen erleben und die Frage «Wann dürfen Messen endlich wieder stattfinden?» Darüber hinaus durchlaufen wir als MEPLAN eine umfassende Transformation und stehen vielen Herausforderungen entgegen, die diese mit sich bringen.
Wie hat sich Covid-19 auf MEPLAN ausgewirkt?
Für MEPLAN, wie für die gesamte Messebranche, hat die Corona Pandemie bis heute einen enormen Einfluss auf das Tagesgeschäft. Zahlreiche Messen mussten abgesagt werden oder finden rein digital statt. Das heißt für uns als Messedienstleister erst mal, dass unsere Geschäftsgrundlage wegfällt. Aus dieser Notlage heraus haben wir als MEPLAN digitale Lösungen für und mit unseren Kunden entwickelt. Angefangen mit dem virtuellen Markenraum bis hin zu hybriden Konzepten für ganze Messehallen.
«Sicherlich muss man davon ausgehen,
dass die Zeit der Rekorde vorerst beendet ist.»
Wie beurteilen Sie die Zukunft von hybriden Messen: werden sie bleiben und weshalb?
Wir sehen hybride Veranstaltungen als die neuen Veranstaltungsformate, die evolutionär die bisherigen Formate überholen und in die Zukunft führen. Durch die Verknüpfung von online- und onsite-Interaktivitäten bieten sich spannende neue Möglichkeiten im Bereich der Wissensvermittlung und der Kundenansprache für Aussteller und Besucher. Während der Messe besteht der Vorteil, dass MitarbeiterInnen keine weiten Wege auf sich nehmen müssen und dennoch an der Veranstaltung teilnehmen und sich austauschen können. Entscheidend wird sein, dass über eine ideale Verknüpfung von digital und analog der persönliche Austausch gewährleistet ist - und zwar unabhängig von räumlichen Einschränkungen.
«Die Kosten für einen Messestand können sich reduzieren,
wobei gleichzeitig die Chance für Kontakte steigt.»
Wenn MEPLAN hybride Veranstaltungen anbietet – bedeutet das eine Transformation des Geschäftsmodells Messebau? Und was geschieht mit dem Messebau? Wird es wieder weiter gehen mit den opulenten Messeständen der Vergangenheit?
Gerade in der heutigen Zeit ist eine Weiterentwicklung enorm wichtig. Hybride Veranstaltungen bedeuten für MEPLAN eine Evolution des Portfolios und eine Erschließung von neuen Geschäftsfeldern. Der klassische Messebau wird weiterentwickelt durch die digitale Komponente des Hybriden. Das ist sowohl für große als auch für kleine und mittelständische Aussteller und Besucher interessant. Die Kosten für einen Messestand können sich reduzieren, wobei gleichzeitig der Output an beziehungsweise die Chance für Kontakte steigt. Messestände werden in der Zukunft digitaler und technischer.
MEPLAN ist bereits mit virtuellen Markenräumen unterwegs. Ist Denken und vor allem Handeln in digitalen Dimensionen eine Frage des Alters, welche Voraussetzungen sind notwendig, kann das jedes Messebau-Unternehmen?
Grundsätzlich spielt das Alter keine große Rolle. Wichtiger ist die Offenheit gegenüber Neuem und der Wille sich weiterzuentwickeln. Generell kommt es auf das Wissen und die Fähigkeiten an, die bereits im Unternehmen vorhanden sind und dann ausgebaut werden. Das Wichtigste bei einer Transformation ist es, mutig ersten Schritt zu unternehmen und sich permanent weiterzuentwickeln - und beides haben wir als Unternehmen gemacht.
Die Messe München veranstaltet mit den Messen «Bau» oder «Bauma» zwei der größten Messen der Welt. Werden diese in ihrer bisherigen Größe mit über 600'000 BesucherInnen zurückkehren und wenn ja, wie und wann?
Vor kurzem wurde die Bauma, die weltgrößte Messe um ein halbes Jahr in den Herbst 2022 verschoben. Für uns ein deutliches Zeichen, dass sich alle wieder eine Präsenzmesse wünschen. Sicherlich muss man davon ausgehen, dass die Zeit der Rekorde vorerst beendet ist, aber ich bin überzeugt, dass Messen wieder zu ihrer alten Stärke zurückfinden werden. Wenn auch in veränderter Form.
Was ist in Zukunft wichtiger auf Messen: analog oder digital?
Das kommt vor allem auf die Veranstaltung an. Bei Business:to:Consumer- und lokalen Messen wird auch weiterhin der analoge Teil sehr stark vorhanden sein. Anders sehen wir das bei Business:to:Business-Veranstaltungen und Weltleitmessen. Hier ist eine Messeteilnahme mit hohen Reisekosten verbunden. Nehmen die MitarbeiterInnen jedoch digital teil, kann die Teilnahme mehr Personen ermöglicht werden und auch kleinere Unternehmen können davon profitieren. Am Ende kommt es auf den richtigen Mix zwischen analog und digital an- und das wird je nach Messe unterschiedlich sein.
Haben deutsche Messebaufirmen eine Lobby in der Politik – oder was wäre wünschbar?
Es gibt zwei große Verbände für unsere Branche: den FAMAB für nationale Themen und den IFES für internationale Belange. Beide setzen sich stark für die Messebaubranche ein und machen gezielt Lobbyarbeit an der richtigen Stelle. Der Messebau ist jedoch nur ein Zahnrad von vielen in der Messebranche. Daher wäre es wünschenswert, dass der gesamte Messebereich mit seiner umfassenden Wertschöpfung stärker von der Politik wahrgenommen und als systemrelevant eingestuft wird. Und entsprechend sollte dann auch danach gehandelt werden. Wir benötigen dringend Planungssicherheit- und zwar so schnell wie möglich.
Interview: Urs Seiler.
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